„Diesen Sommer erwartet dich dein Traumurlaub!“ wirbt ein Reiseveranstalter auf seiner Internetseite.
Sommer, wie wir ihn mögen, Heiß, aber nicht zu heiß, am besten mit einem kleinen Windhauch garniert, dazu der weiße Strand und das blaue Meer. Cocktails am Strand, schöne Menschen. Erwartungen an Wetter, Umgebung, Unterkunft, Essen, Familie und Partnerschaft. Gerne begeben wir uns in diese Traumlandschaft, verheißt sie uns doch paradiesische Zustände, zumindest für wenige Tage im Jahr.
Die Realität holt uns meist schon bald ein. Der Blick in die verschiedenen Foren, die sich mit den Zuständen in den Ferienregionen beschäftigen, zeichnen ein anderes Bild: verdreckte Strände, ungepflegte Unterkünfte und leider nicht das erhoffte Urlaubswetter. Dies ließe sich vielleicht noch ertragen, wenn dann nicht zu den selbst wahrgenommenen Unpässlichkeiten auch noch die Enttäuschung der Familie zu hören wäre. Auch hier spricht die Urlaubsstatistik eine eher unangenehme Begleiterscheinung an: Urlaub bedeutet in vielen Fällen eher Stress als Erholung.
Heike Stüvel schreibt in einem Artikel aus 2008: „Eine britische Umfrage ergab: Zehn Prozent bereuen es, mit dem Partner in Urlaub gefahren zu sein. Befragungen von Reisenden kurz vor dem Rückflug erbrachten einen Anteil von 40 bis 50 Prozent Unzufriedenen. Bezeichnenderweise sinkt diese Quote auf etwa 15 Prozent, wenn die gleiche Frage einige Wochen später gestellt wird. Von einer Art „Glückszwang“ spricht der Hamburger Freizeitforscher Horst Opaschowski. Hotel und Landschaft will der Urlauber „wie im Paradies“ haben; die Paarbeziehung soll knistern wie am ersten Tag (vor allem wie in der ersten Nacht), das Verhältnis zwischen Eltern und Kindern soll liebevoll und harmonisch sein wie im Kitschroman. Der tiefere Grund des Phänomens Urlaubsenttäuschung liegt in der groben Überschätzung des Ferieneffekts. „An den Urlaub werden so hohe Wunschvorstellungen von Glück und Entspannung gestellt, dass die Realität notwendigerweise dahinter zurückbleiben muss“, so Opaschowski. Damit seien Verstimmungen „fast programmiert“.“Die Erholungsreise sei ein „hochkonfliktärer Bereich“. Wer aber zugebe, Ferien der missratenen Sorte verlebt zu haben, setze sich dem „Risiko sozialer Geringschätzung“ aus: „Die Urlaubserlebnisse müssen der Inquisition der Freunde, Nachbarn und Kollegen standhalten.“
Spannend ist die Sicht auf die inneren Gründe: Stüvel: „Das sorgsam ausbalancierte Gebilde des Zusammenlebens im Alltag gerät ins Wanken. Weder Spaß und Harmonie noch gutes Wetter oder guter Sex sind selbstverständlich. Sie lassen sich nicht erzwingen.“
Also dann doch einfach im Alltagsmodus bleiben? Alles berechenbar machen und zementieren bis in alle Ewigkeit, dass nichts „ins Wanken“ kommt.
Wenn wir auf die aktuelle Situation in unserer Kirche schauen, dann finden wir Strategien des Zementierens: Mann und Frau, Laien und Klerus, Gott und die Welt – war es nicht alles so schön, bevor die 68-er das Leben aufmischten? Bevor die Frauen anfingen, die Emanzipation einzufordern, bevor es eine Ehe für alle gab?
Doch – es war soooo schön und einfach, alles geordnet, jeder an dem Platz, der ihm zugewiesen war: die Kinder hatten gelernt, sich unterzuordnen (manchmal brauchten sie eine kleine „Anleitung“ mit dem Ledergürtel), der Mann durfte die Frau als Gehilfin ge- und missbrauchen, das Volk (der Schafe) duckte sich unter der Knute der Hirten.
„Der Urlaub ist dann ein Risikofaktor, wenn die Beziehung ohnehin schon gefährdet ist“, das gleiche gilt für gesellschaftliche und kirchliche Veränderungsprozesse. Wenn Erwartungen geweckt sind oder werden, die gar nicht eingelöst werden können oder wollen, wird es riskant. Das Diakonat der Frau wird gefordert, der synodale Prozess soll Partizipation ermöglichen, der Dialogprozess eine neue Qualität des Umgangs bringen. Ein Wechsel in die Zukunft oder Erwartungen, die nicht erfüllt werden können.
„Viele Paare wollen in den Ferien nachholen, was sie im Alltag versäumt haben. Die Zweisamkeit im Urlaub, hoffen einige, wird viele Probleme von selber lösen. Falsch! Das kann nur jeder für sich selbst.“ Das gilt auch für Veränderungsprozesse. Wir müssen selbst handeln: engagiert die Probleme angehen, sich nicht irritieren lassen, wenn gebetsmühlenhaft von der Tradition gesprochen wird oder sogar von der „Letztendlichkeit“ von Entscheidungen.
Bei solchen Worten schrecke ich auf!
Merken unsere Hirten und Würdenträger gar nicht, dass sie mit solchen Begriffen Gott „versuchen“? Ich bin richtig froh darüber, dass weder Johannes Paul II noch Benedikt XVI für die Letztendlichkeit zuständig sind.
Ich wünsche Ihnen einen schönen Urlaub!
Karlheinz Heiss