Die Debatte um eine weitere Öffnung von Kitas und Schulen in der Corona-Pandemie reißt nicht ab. Vor der Familienministerkonferenz am Mittwoch schaltete sich auch die kindermedizinische Dachorganisation DAKJ ein. „Wir plädieren eindrücklich für eine kontrollierte Öffnung von Betreuungseinrichtungen im Vorschulalter“, hieß es in einer Stellungnahme der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ), über die die „Neue Osnabrücker Zeitung“ (Montag) berichtete. Die Empfehlung basiert demnach auf einer Auswertung der wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Rolle kleiner Kinder im Corona-Infektionsgeschehen. Es gebe „keine Evidenz dafür, dass Kinder eine Altersgruppe darstellen, von der eine erhöhte Infektionsgefahr ausgeht“, heißt es. Die DAKJ-Experten stellen sich damit gegen Warnungen, für Kitaöffnungen sei es zu früh. Statt eines Lockdowns für alle Kinder forderte Kommissionsmitglied Burkhard Rodeck das Aufdecken von Infektionsketten und deren konsequente Nachverfolgung. Die Experten warnten zudem vor Gefahren für Kinder, die etwa von überforderten Eltern ausgingen. Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sagte, Schritte der Öffnung seien auch gut, damit die Strukturen zur Aufdeckung von häuslicher Gewalt gegen Kinder wieder greifen könnten. Die Öffnung von Einrichtungen diene auch dem Kindesschutz. Dieser sei ebenfalls Gesundheitsschutz, meinte die Ministerin. Allerdings gelte es, immer in Schritten vorzugehen und das Infektionsgeschehen vor Ort zu bedenken, mahnte Giffey.
Ein Normalbetrieb in Schulen könne zudem nur dann Realität werden, wenn man sich von der 1,5-Meter-Abstandsregel verabschiede. Für diese schwierige Entscheidung sei es wichtig, das Risiko vor Ort genau abzuwägen. Der Deutsche Lehrerverband warnte indes vor kompletten Schulöffnungen ohne ausreichenden Gesundheitsschutz. Man lehne es ab, „dass Schulen zum freien Experimentiergelände für den Umgang mit der Gesundheit von Schülern, Lehrern und Familienangehörigen werden“, sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger mit Blick auf Pläne in Sachsen und Thüringen, teils zu einem „normalen Schulbetrieb“ zurückzukehren. Die jüngsten Infektionsausbrüche in Restaurants und Kirchen zeigten, was passieren könne, wenn Infizierte mit größeren Gruppen in geschlossenen Räumen aufeinander träfen, sagte Meidinger. Thüringen und Sachsen gingen „einen sehr gefährlichen Weg“. Zudem seien die dortigen Pläne nicht mit regelmäßigen Corona-Tests verbunden, was eine „riesige Blackbox“ mit nicht mehr nachvollziehbaren Infektionsketten schaffe. Der Vorsitzende der Kinderkommission des Bundestags, Matthias Seestern-Pauly (FDP), sprach sich dagegen für eine schnelle Öffnung von Schulen und Kitas für alle Kinder aus. „Durch weiter andauernde Schul- und Kita-Schließungen riskieren wir, dass es zu großen Rückständen in der sozialen Entwicklung von Kindern kommt und schmälern die Bildungschancen einer ganzen Generation“, sagte er. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)