Der scheidende Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, hat die kommende Bundesregierung zu sozialgerechter Klimaschutzpolitik aufgerufen. "Es darf nicht sein, dass Menschen, die aufgrund ihrer prekären Lebenssituation wenig zum Klimawandel beitragen, die gleiche Last bei dessen Bekämpfung tragen wie alle anderen. Da braucht es einen Ausgleich und entsprechende politische Weichenstellungen", sagte Neher am Mittwoch der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Freiburg.
Konkret schlug er vor, energetische Wohnungssanierungen nur dann zu bezuschussen, wenn nachher nicht die Mietkosten explodierten. Statt die Oberschicht beim Kauf von Elektroautos zu fördern, brauche es einen ÖPNV-Ausbau und kostenlose Nahverkehrstickets für finanziell schwächer Gestellte. Enden müssten auch die Steuervorteile für Dienstwagen, Flugbenzin und Diesel.
Zur anstehenden gesetzlichen Neuregelung der Suizidbeihilfe sagte Neher, er sehe die Gefahr, dass Menschen unter Druck kommen könnten, ihr Leben beenden zu sollen. "Es darf nicht dazu kommen, dass sich Menschen verteidigen müssen, die trotz Krankheit, Alter, Einschränkungen und Begrenzungen leben wollen, statt sich endlich den Tod zu wünschen - und so nebenbei auch das Gesundheitssystem von Kosten zu entlasten." In einer solchen Gesellschaft wolle er nicht leben, sagte Neher.
Dankbar zeigte er sich für das breite gesellschaftliche Engagement zur Aufnahme und Integration von Flüchtlingen in Deutschland. "Ich sehe es als großen Erfolg, dass viele Menschen, die ab 2015 zu uns geflohen sind, inzwischen auch wirklich angekommen sind - nicht zuletzt in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung." Es sei "viel wirklich Beeindruckendes" gelungen, vor allem durch den "gigantischen Einsatz von Ehrenamtlichen".
Als bitter und skandalös kritisierte Neher dagegen die europäische Migrationspolitik. Deutschland sollte hier stärker Einzel-Allianzen bilden, ohne auf jene Staaten zu warten, die "sich einer humanitären Migrationspolitik verweigern".