Bundesmigrationsbeauftragten, Reem Alabali-Radovan (SPD), hat zwei Urteile des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Familienzusammenführung von Migranten begrüßt. Die Entscheidungen der Luxemburger Richter schafften Handlungsbedarf für die Bundesregierung und stärkten die Verabredungen der Ampel-Parteien aus dem Koalitionsvertrag, erklärte Alabali-Radovan am Montagabend in Berlin. "Wir werden jetzt prüfen, wo wir Änderungen vornehmen müssen. Eine gute Familienzusammenführung gehört zu einem modernen Einwanderungsland auf der Höhe der Zeit."
Am Montag hatte der EuGH in zwei Urteilen zu Fällen aus Deutschland die Zusammenführung von Familien gestärkt. In den Entscheidungen ging es zum einen um den Nachzug von Eltern, deren als Flüchtling anerkanntes Kind zwischenzeitlich volljährig geworden war, und um eine syrische Jugendliche, die ihr 18. Lebensjahr vollendete, während das Asylverfahren ihres Vaters in Deutschland noch lief.
Für die Frage nach der Minderjährigkeit, die einen Nachzug rechtfertigt, ist nach Auslegung der Richter in Luxemburg der Zeitpunkt des Antrags auf Familienzusammenführung beziehungsweise Asyl entscheidend, nicht das Datum des Verfahrensausgangs. Die im Wesentlichen gleiche Argumentation wendet der Gerichtshof im Fall des Kindes eines Asylbewerbers an: Maßgeblich für die Feststellung, ob es sich um ein minderjähriges Kind handelt, ist demnach der Zeitpunkt des Asylantrags. Ein Antrag auf Familienzusammenführung müsse aber "innerhalb einer angemessenen Frist erfolgen", näherhin spätestens drei Monate ab Anerkennung des betreffenden Elternteils als Flüchtling. Über ein rechtliches Eltern-Kind-Verhältnis hinaus müssten zudem "tatsächliche familiäre Bindungen" vorliegen, betont der EuGH.
Durch das Urteil ist es demnach künftig unbedeutend, ob ein Kind während der Verfahrens volljährig wird. "Darauf haben viele geflüchtete Familien lange gewartet", betonte Alabali-Radovan. "Getrennte Familien sind auch eine Belastung bei der Integration, wenn die Gedanken und Herzen bei den Angehörigen in Krisengebieten sind. Flüchtlingsfamilien sollen füreinander da sein können." (KNA)