Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung

I. Zusammenfassung

Der Familienbund der Katholiken teilt das gesetzgeberische Ziel der „Herstellung bundesweit gleichwertiger Lebensverhältnisse für das Aufwachsen von Kindern […], um so bundesweite Standards vorzubereiten“[1]. Er hat wiederholt kritisiert, dass beim Ausbau der Kindertagesbetreuung bisher meist die Quantität im Vordergrund stand, während die Verbesserung der Qualität vernachlässigt wurde. Ohne eine hinreichende Qualität ist die Kindertagesbetreuung nach den Ergebnissen der Forschung nicht förderlich für Kinder.[2] Eine schlechte Qualität geht besonders zu Lasten der Chancengerechtigkeit von Kindern, die einen besonderen Förderbedarf haben und am meisten von einer qualitativ hochwertigen Kindertagesbetreuung profitieren können. Der laufende Qualitätsprozess von Bund und Ländern und die bisher erreichten Gesetze zur Qualitätsentwicklung sind daher – trotz ihrer Probleme im Einzelnen (s. u. III. 2.) – wichtige Schritte.

Der Gesetzentwurf ist leider noch nicht das im Koalitionsvertrag anvisierte „Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards“. Er enthält aber sinnvolle Verbesserungen im Rahmen des bestehenden Konzepts (s.u. III.1.). Positiv ist, dass bundesweite und wissenschaftlich fundierte Qualitätsstandards in zentralen Qualitätsbereichen das Ziel sind und zukünftig gesetzlich festgeschrieben werden sollen. Wichtig ist, dass weiterhin jährlich 2 Milliarden Euro an Bundesmitteln für die Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung zur Verfügung gestellt werden. Eigentlich wäre auch eine Inflationsanpassung auf 2,4 Milliarden Euro notwendig.

Zu begrüßen ist auch, dass im Rahmen der mit Bundesmitteln finanzierten Maßnahmen stärker priorisiert wird. Dass der Fokus der Bundesförderung zukünftig auf der Qualitätsentwicklung liegt und die Frage der generellen Beitragsfreiheit den Ländern überlassen wird, ist richtig. Zu begrüßen ist auch die Reduzierung der geförderten Handlungsfelder und die Schwerpunktsetzung bei der Gewinnung von Fachkräften. Denn dass ausreichend qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung stehen, ist die unabdingbare Grundvoraussetzung für die Qualitätsentwicklung und wünschenswerte Maßnahmen in den Bereichen der Bildung, Förderung und Inklusion.

Der Familienbund plädiert dafür, im Rahmen des Instrumentenkastens noch stärker zu fokussieren:

  •  Die bedarfs- und personalbezogenen Maßnahmen Nr. 1 bis 4 sollten als Maßnahmen von vorrangiger Bedeutung definiert werden.
  • Zudem sollte verbindlicher geregelt werden, dass die Länder die Mittel so einsetzen müssen, dass sich die Qualität in der Kindertagesbetreuung in zentralen Qualitätsbereichen bundesweit tatsächlich angleicht.

Das Konzept des KiTa-Qualitäts- und -Teilhabeverbesserungsgesetzes hält der Familienbund weiterhin nicht für ideal (s. u. III.2). Da es keine bundesweiten Standards verbindlich festlegt, wird es Ende 2026 voraussichtlich weiterhin große Unterschiede in der bundesweiten Kitaqualität geben. Dass durch die Bundesmittel insgesamt mehr Geld für die Qualitätsentwicklung in der Kindertagesbetreuung zur Verfügung steht, ist zu hoffen, kann aber durch den vorliegenden Entwurf nicht sicher gewährleistet werden. Entscheidend ist, ob auch die Länder in Zeiten knapper werdender Kassen hinreichend finanzielle Mittel für die Betreuungsqualität zur Verfügung stellen. Das im Rahmen des Gesetzes vorgesehene Zusammenwirken von Bund und Ländern ist verwaltungsaufwendig, mit Blick auf die Kompetenzordnung des Grundgesetzes problematisch und kostet Geld, das besser direkt der Qualitätsentwicklung und den Kindern zugutekommen sollte.

Leider ist der Qualitätsprozess zwischen Bund und Ländern nicht so fortgeschritten, dass ein Gesetz mit verbindlichen Mindeststandards bereits heute umgesetzt werden könnte. Es besteht aber kein Zweifel, dass ein echtes Qualitätsgesetz der bessere Weg wäre und die Probleme des aktuellen Entwurfes beseitigen würde.

 

II. Funktionsweise des Gesetzes

Am 13. August 2024 hat das Bundeskabinett den Entwurf für das Dritte Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung beschlossen. Die ersten beiden Gesetze waren:

  • das KiTa-Qualitäts- und -Teilhabeverbesserungsgesetz (KiQuTG), das sog. „Gute-KiTa-Gesetz“, das am 1. Januar 2019 in Kraft getreten ist.
  • das Zweite Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung, das sog. „KiTa-Qualitätsgesetz“, das seit dem 1. Januar 2023 in Kraft ist und das KiQuTG modifiziert hat.

Auch der aktuelle Regierungsentwurf hat sich keine grundlegende Reform, sondern eine Anpassung des KiQuTG vorgenommen, so dass die gesetzliche Systematik des Gute-Kita-Gesetzes erhalten bleibt.

Die Funktionsweise des Gesetzes stellt sich – vereinfacht – wie folgt dar: Die Länder können aus einem Maßnahmenkatalog („Instrumentenkasten“) diejenigen Maßnahmen auswählen, die sie zur Weiterentwicklung der Qualität in der Kindertagesbetreuung für erforderlich halten. Der Bund stellt den Ländern zu diesem Zweck über Festbeträge bei der Umsatzsteuerverteilung (Finanzausgleichsgesetz, FAG) finanzielle Mittel zur Verfügung. In den Jahren 2025 und 2026 sollen die Länder pro Jahr knapp 2 Milliarden Euro (genau: 1,993 Milliarden Euro) erhalten, die unter den Ländern entsprechend der Einwohnerzahl und Finanzkraft verteilt werden. Die Länder erhalten das Geld aber nur dann, wenn alle Länder mit dem Bund Verträge abgeschlossen haben, die das jeweilige Handlungs- und Finanzierungskonzept enthalten und als Grundlage für Monitoring und Evaluation dienen.

III. Bewertung im Einzelnen

1. Verbesserungen im Rahmen des bestehenden Konzeptes
a.) Kontinuität in der Förderung der Kitaqualität

Es ist zu begrüßen, dass es gelungen ist, die bisherige Beteiligung des Bundes an der Weiterentwicklung der Kitaqualität auf dem Niveau von jährlich knapp 2 Milliarden Euro zu halten. In Zeiten knapper Kassen und zahlreicher Investitionsbedarfe (Wirtschaft, Klimatransformation, Infrastruktur, Verteidigungsfähigkeit, Rente, sonstiger Bildungsbereich) ist das nicht selbstverständlich. Es ist zugleich dringend notwendig. Gerade in der aktuellen „Kitakrise“, in der sich „die Rahmenbedingungen in den meisten Einrichtungen drastisch verschlechtert haben“[3], wäre es fatal, der Kindertagesbetreuung Geld zu entziehen.

Problematisch ist, dass das Engagement des Bundes nur betragsmäßig erhalten bleibt: Die den Ländern zur Verfügung gestellte Summe in Höhe von rund 2 Milliarden Euro ist seit 2021 konstant, während die Verbraucherpreise seither stark gestiegen sind - im Jahr 2021 durchschnittlich um 3,1 %[4], 2022 um 7,9 %[5], 2023 um 5,9 %[6] und 2024 bisher um 2,3 %[7]). Um die Entwicklung der Kitaqualität auf dem bisherigen Niveau fortzuführen, wäre daher eine Inflationsanpassung notwendig. Der Familienbund hält zu diesem Zweck eine Erhöhung der Mittel auf jährlich 2,4 Milliarden Euro für angemessen. Der eigentliche Bedarf in der Qualitätsentwicklung liegt deutlich über diesem Betrag und wurde vor der Inflation auf 8 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt.[8]

b.) Fokussierung auf Qualitätsinvestitionen statt Beitragsreduzierungen

Der Gesetzentwurf legt den Fokus zukünftig auf Qualitätsinvestitionen. Damit wird der Weg fortgesetzt, der schon mit dem „KiTa-Qualitätsgesetz“ (2023) eingeschlagen wurde. Nach Ablauf einer Übergangsfrist (31.12.2025) können die Bundesmittel nicht mehr für Beitragsreduzierungen verwendet werden. Bisher konnten diese noch für Beitragsreduzierungen verwendet werden, die über die gesetzlich vorgeschriebene Beitragsstaffelung (§ 90 Abs. 3 SGB VIII) und die Beitragsfreiheit für Familien in der Grundsicherung, im Kinderzuschlag und im Wohngeldbezug (§ 90 Abs. 4 SGB VIII) hinausgehen, soweit die Beitragsreduzierung bereits vor dem 31.12.2022 begonnen wurde. Ziel der Neuregelung ist, in Zukunft eine „Budgetkonkurrenz von Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und solchen zur Beitragsentlastung“[9] zu vermeiden.

Der Familienbund hält das für richtig. Dass die bisherigen Kitaqualitätsgesetze auch Maßnahmen zur Herstellung einer generellen Beitragsfreiheit unterstützt haben, war vor allem ein Entgegenkommen an einige Bundesländer, die im Bereich der Beitragsreduzierung einen Schwerpunkt ihrer Kitapolitik gesehen haben bzw. sehen. Es hat aber dem eigentlichen Ziel der bundesweiten Angleichung der Kitaqualität eher entgegengewirkt, da ein Teil der Bundesländer die Bundesmittel zur Gebührenreduzierung genutzt hat, während andere Bundesländer in die Kitaqualität investiert haben. Wenn das Ziel bundesweit gleichwertiger Lebensverhältnisse angestrebt werden soll, ist es richtig, auf die Förderung von Beitragsreduzierungen zu verzichten.

Die Kosten der Kindertagesbetreuung und deren Qualität sind unterschiedliche Kategorien. Sowohl Beitragsreduzierungen für Eltern als auch Qualitätsverbesserungen sind legitime familienpolitische Ziele. Solange nicht ausreichend Mittel zur Erreichung beider Ziele zur Verfügung stehen, ist aber eine Abwägung und Priorisierung erforderlich. Die Kitakosten sollten nach Ansicht des Familienbundes so gestaltet sein, dass sie Familien mit kleinen Einkommen, die von einem Kitabesuch am meisten profitieren können, nicht von der Nutzung der Kindertagesbetreuung abhalten. Dies setzt Beitragsfreiheit im unteren Einkommensbereich und darüber hinaus eine fair bemessene, einkommensabhängige Staffelung voraus. Soweit das gewährleistet ist, haben Qualitätsinvestitionen vor dem Hintergrund des großen Investitionsbedarfs Vorrang vor einer generellen Beitragsfreiheit für alle Familien, die als längerfristiges Ziel angestrebt werden kann. Vor diesem Hintergrund ist es richtig, nicht den Bund, sondern die Länder in der Verantwortung zu sehen, für eine angemessene und gleichmäßige Beitragsgestaltung zu sorgen.

c.) Priorisierung im Rahmen der Qualitätsinvestitionen

Auch innerhalb der Qualitätsinvestitionen soll zukünftig stärker priorisiert werden. Nach Ablauf einer Übergangsfrist bis zum 31.12.2025 sollen nur noch die Maßnahmen möglich sein, denen im KiTa-Qualitätsgesetz von 2023 eine „vorrangige Bedeutung“ beigemessen wurde (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 sowie 6 bis 8). Zudem wird die ehemalige Nr. 6 (und neue Nr. 5) deutlich enger definiert: Während die Länder die Bundesmittel bisher nutzen konnten, um „Maßnahmen und ganzheitliche Bildung in den Bereichen kindliche Entwicklung, Gesundheit, Ernährung und Bewegung“ zu fördern, erfolgt zukünftig eine Fokussierung auf „eine bedarfsgerechte, ausgewogene und nachhaltige Verpflegung“ und „ausreichende Bewegung“. Die „Gewinnung und Sicherung qualifizierter Fachkräfte“ ist dadurch hervorgehoben, dass mindestens eine Maßnahme in diesem Handlungsfeld ergriffen werden muss.

Für den Familienbund geht diese Priorisierung in die richtige Richtung – gerade auch mit der engeren Definition bzw. Streichung der sehr weit gefassten Nummern 6 (neue Nr. 5) bzw. 10 (fällt weg). Die Schwerpunktsetzung bei der Fachkräftegewinnung ist richtig, geht aber noch nicht weit genug. Der Familienbund plädiert dafür, die bedarfs- und personalorientierten Maßnahmen aus den Handlungsfeldern 1 bis 4 als Maßnahmen von vorrangiger Bedeutung herauszuheben, in denen vorwiegend Maßnahmen zu ergreifen sind. Denn ausreichend qualifizierte Fachkräfte bilden eine Grundvoraussetzung für eine gute Qualität der Kindertagesbetreuung. Andere Qualitätsmaßnahmen wie z.B. Maßnahmen der Inklusion, der Förderung von ausreichend Bewegung oder der sprachlichen Bildung sind ohne entsprechende Fachkräfte nicht möglich.

Der Familienbund hält es zudem für sinnvoll, das Ziel der Angleichung der Qualitätsniveaus im Sinne einer „Konvergenz nach oben“ verbindlicher im Gesetz zu verankern. Eine entsprechende Regelung könnte z.B. wie folgt lauten: „Maßnahmen sind überwiegend in den Handlungsfeldern zu ergreifen, in denen eine Verbesserung der Qualität zu einer Annäherung an das mittlere Niveau aller Länder führt.“ Gerade dort, wo die Qualitätsentwicklung eines Landes noch wenig fortgeschritten ist, ist das Verbesserungspotenzial besonders groß und wird der Mitteleinsatz besonders effizient sein. Zudem wäre gewährleistet, dass sich die Qualitätsniveaus der Länder in den einzelnen Handlungsfeldern tatsächlich angleichen. Diese tatsächliche Angleichung der Qualitätsniveaus ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass das Ziel bundesweit verbindlicher Qualitätsstandards erreicht werden kann.

 

2. Grundsätzliche Problematik der Konzeption des Gesetzes
a.) Kein echtes Qualitätsgesetz

Das KiQuTG ist kein echtes Qualitätsgesetz, das die Qualität in der Kindertagesbetreuung durch Mindeststandards regelt, sondern in der Sache ein Förderprogramm des Bundes zur Verbesserung und bundesweiten Angleichung der Kitaqualität. Der Familienbund spricht sich gemeinsam mit einer großen Zahl anderer Verbände für verbindliche, bundesweit einheitliche und wissenschaftlich fundierte Mindeststandards für die Qualität in der Kindertagesbetreuung aus. Daher begrüßt er, dass ein „Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards“ (KoaV 2021 – 2025) weiterhin das Ziel ist. Zu bedauern ist, dass dieses Ziel in dieser laufenden Legislaturperiode nicht mehr erreicht werden wird und im Entwurf nur noch als „langfristige[s] Ziel“ bezeichnet wird.

b.) Verstärkung von Ungleichheiten

Die Entwurfsbegründung führt auf, dass „in zentralen Qualitätsbereichen weiterhin große Unterschiede zwischen den Ländern“ bestehen und eine „substanzielle Angleichung der Strukturqualität […] bislang nicht erreicht werden“[10] konnte. Das liegt auch an der Konzeption des Gesetzes. Es war absehbar, dass die Länder (vor dem Hintergrund unterschiedlicher politischer Vorstellungen) die Optionsvielfalt des Instrumentenkastens dazu nutzen würden, eher ihre bisherigen Prioritätensetzungen in der Kitapolitik fortzuführen, als die Qualität in den Handlungsfeldern zu verbessern, in denen diese bisher unterdurchschnittlich entwickelt ist. Solange es möglich war, die Bundesmittel auch für das Ziel der generellen Beitragsfreiheit zu verwenden, war dieses Problem besonders deutlich. Im aktuellen Entwurf ist es durch eine Reduzierung des Instrumentenkastens und eine stärkere Priorisierung teilweise entschärft. Die vom Familienbund vorgeschlagene Verpflichtung der Länder, die Mittel überwiegend in den Bereichen einzusetzen, in denen die Kitaqualität bisher unterdurchschnittlich ist (s.o.), würde zusätzlich einer Verstärkung von Ungleichheiten entgegenwirken. Letztlich wird aber eine bundesweit einheitliche Qualität nur durch eine echtes Qualitätsgesetz erreichbar sein.

c.) Mehr Bundesförderung führt nicht zwingend zu mehr Geld im System

Das aktuelle Konzept kann nicht sicher gewährleisten, dass am Ende wirklich mehr Geld für die Qualitätsentwicklung zur Verfügung steht. Es besteht stets die Gefahr, dass der Mittelzufluss an der einen Stelle zu einer Reduzierung der Mittel an einer anderen Stelle (Mittel des Landeshaushalts für Qualitätsinvestitionen, Elternbeiträge) führt. Möglicherweise werden durch die Bundesmittel auch Maßnahmen bezahlt, für die ansonsten Landesmittel eingesetzt worden wären. Eine bundeseinheitliche hohe Qualität kann daher nur durch verbindliche Mindeststandards sicher erreicht werden.

d.) Verschränkung von Bundes- und Länderkompetenz

Das im Gesetzentwurf vorgesehene Zusammenwirken von Bund und Ländern ist problematisch. Guter Föderalismus grenzt die Aufgaben klar ab und schützt die jeweiligen Verantwortungsbereiche. Das ist auch das Modell des Grundgesetzes: Die Kindertagesbetreuung fällt grundsätzlich in die Gesetzgebungskompetenz der Länder (Art. 70 Abs. 1, 2 GG). Der Bund ist im Rahmen der öffentlichen Fürsorge (Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 GG) nur zuständig, „wenn und soweit die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse eine bundesgesetzliche Regelung erforderlich macht“ (Art. 72 Abs. 2 GG). Soweit der Bund Gesetze erlassen kann, sollte er durch diese steuern und nicht durch die „goldenen Zügel“ finanzieller Förderung. Die Länder führen die Bundesgesetze grundsätzlich in eigener Verantwortung und auf eigene Kosten aus (Art. 83 f., 104a GG). Dafür benötigen sie einen hinreichenden Anteil an den Steuermitteln.

Das KiQuTG verschränkt durch den „Instrumentenkasten“, die Verpflichtung zum Abschluss von Bund-Länder-Verträgen, die verpflichtende Mitwirkung am Monitoring und die vom Abschluss der Verträge abhängigen Finanzzuweisungen die sachlichen, administrativen und finanziellen Zuständigkeiten von Bund und Ländern. Neben der politischen besteht auch eine verfassungsrechtliche Problematik.[11] Daher kann das KiQuTG nur eine Zwischenlösung auf dem Weg zu bundesweiten Mindeststandards sein. Eine Regelung solcher Mindeststandards in grundlegenden Qualitätsbereichen, für deren Erfüllung die Bundesländer über die Umsatzsteuerverteilung eigene Mittel erhalten würden, entspräche dem oben skizzierten Modell eines guten Föderalismus.

e.) Verwaltungsaufwand

Das KiQuTG sieht ein komplexes Verfahren vor. Es sieht Einzelverträge des Bundes mit allen 16 Bundesländern über Handlungs- und Finanzierungskonzepte sowie Berichtspflichten und die Teilnahme am Monitoring vor. Dadurch ist es verwaltungs- und kostenaufwendig. Es wäre besser, wenn die hierfür verwendeten Mittel direkt den Kindern zugutekommen würden.

 

 

[1] Gesetzentwurf, S. 19.

[2] Vgl. ZEIT, Schon hier beginnt der Stress, Nr. 38/2024, S. 35 m.w.N.

[3] Vgl. Dreyer u.a., Offener Brief „Überlastung, Stress und Erschöpfung in vielen Kitas - Wissenschaftlerinnen und

Wissenschaftler schlagen Alarm und fordern die Politik zum schnellen Handeln auf“ (04.09.2024).

[4] Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 25 vom 19. Januar 2022.

[5] Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 22 vom 17. Januar 2023.

[6] Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 20 vom 16. Januar 2024.

[7] Januar: 2,9 %; Februar: 2,5 %; März - April: 2,2 %; Mai: 2,4 %; Juni 2,2 %; Juli 2,3 %; August 1,9 % (jeweils im Verhältnis zum Vorjahresmonat), vgl. Statistisches Bundesamt, Pressemitteilungen Nr. 94, 266, 305, 340 (2024).

[9] Gesetzentwurf, S. 4, 19.

[10] Gesetzentwurf, S. 2.

[11] Vgl. Kirchhof, Stellungnahme für die Anhörung am 5. November 2016 zum Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung, S. 2 ff.