Berlin, den 15. November 2018 – „Die Bundesregierung muss ihre Anstrengungen zur Bekämpfung von Familienarmut deutlich verstärken und entschlossen angehen. Rund drei Millionen Kinder in Deutschland, die in Armut aufwachsen, sind ein Fanal, das die Politik zum entschlossenen Handeln aufruft.“ Das sagte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin anlässlich des katholischen „Welttages der Armen“ an diesem Sonntag. „Als Christen sind wir aufgerufen, uns mit der unverändert hohen Armut von Eltern und Kindern im Wohlstandsland Deutschland nicht länger einfach abzufinden. Armut von Familien ist die schlimmste Form von Entbehrungsreichtum. Sie zerstört von klein auf Menschen und ihre Biografien, seelisch ebenso wie körperlich. Damit ist die Würde des Menschen angetastet. Das darf sich Deutschland aus christlicher Verantwortung nicht länger leisten.“
Hoffmann erinnerte daran: „Armut bestimmt das Leben von Familien absolut: das Wohnen, das Essen, die Kleidung, die Bildung, das Sozialleben. Armut schürt häusliche Konflikte und Gewalt. Elementarste Entbehrungen zu erfahren, konfrontiert Menschen nicht selten mit einem Dasein äußerster Leere und Finsternis.“
Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung von Familienarmut bezeichnete Hoffmann als „als unzureichendes Stückwerk“. Zwar böte der von Bundessozial- und Bundesfamilienministerium dieser Tage vorgelegte Entwurf eines „Starke-Familien-Gesetzes“ sinnvolle Ansätze bei der Anpassung des Kinderzuschlags für arme Familien und Alleinerziehende. „Es fehlt aber nach wie vor der große Wurf einer grundlegenden Reform, der dringend nötig ist. Fest steht: Kinder dürfen kein Grund für Armut sein“, betonte Hoffmann. „Daher muss zunächst der Kinderzuschlag erhöht und reformiert werden. Die Einkommensgrenzen beim Kinderzuschlag müssen abgeschafft werden. Zudem sollte der Kinderzuschlag bei steigendem Einkommen langsamer abgeschmolzen werden. Idealerweise sollte der Kinderzuschlag in ein reformiertes Kindergeld integriert werden.“
„Ziel muss es sein, dass Familien von ihrem selbstverdienten Einkommen leben können.“
Hoffmann wies darauf hin, dass das vom Familienbund der Katholiken entwickelte reformierte Kindergeld die steuerliche Freistellung des Existenzminimums und die Förderung von Familien konsequent trennt. Dadurch werden Familien im unteren Einkommensbereich besonders unterstützt. „Denn gerade auch Familien, die mit einem niedrigen Einkommen nur knapp über der Grundsicherungsschwelle liegen, verdienen Unterstützung. Sie haben
nur wenig mehr Einnahmen, aber deutlich mehr Ausgaben als Familien in der Grundsicherung, da sie von vielen Vergünstigungen nicht mehr profitieren. Beim Kindergeld müssen auch die Regeln der Anrechnung angepasst werden. Auf die Grundsicherung darf das Kindergeld nicht angerechnet werden, der Unterhaltsvorschuss auf das Kindergeld nur noch hälftig, um Alleinerziehende zu unterstützen“, forderte Hoffmann.
Notwendig sei auch eine ausreichend hohe Grundsicherung, die das Existenzminimum aller Familienmitglieder absichere und die Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben ermögliche. Das sei derzeit nicht der Fall, so Hoffmann. „Was zur Sicherstellung des
Existenzminimums der Familienmitglieder notwendig ist, muss neu und realistisch berechnet werden. Hierbei sind insbesondere auch die besonderen Bedarfe der Kinder zu berücksichtigen.“
„Wie im Steuerrecht muss es auch in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung einen Kinderfreibetrag geben. Das ist gerecht.“
„Ziel muss es sein, dass Familien von ihrem selbstverdienten Einkommen leben können“, sagte Hoffmann. „Steuern und Sozialabgaben dürfen kein Grund für Armut sein. Daher muss das Einkommen soweit steuer- und abgabenfrei sein, als es für ein menschenwürdiges Leben erforderlich ist. Aber auch sachgrundlose Befristungen und andere prekäre Beschäftigungsformen gehört der Kampf angesagt.“
Zu der von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angestoßenen Debatte um die Rolle von Kinderlosen und Eltern im Sozialversicherungssystem sagte Hoffmann: „Wie im Steuerrecht muss es auch in der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung einen Kinderfreibetrag geben. Das ist gerecht, weil Eltern mit der Erziehung ihrer Kinder einen kostenaufwendigen zusätzlichen Beitrag für die umlagefinanzierten Sozialsysteme erbringen.“