Laut einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung besteht ein gravierender Personalmangel in der Kinderbetreuung in Deutschland. Für eine bundesweit flächendeckende und personell gut ausgestattete Ganztagsförderung würden bis 2030 rund 100.000 zusätzliche pädagogische Fachkräfte gebraucht, heißt es im am Dienstag in Gütersloh veröffentlichten "Fachkräfte-Radar für KiTa und Grundschule 2022" der Stiftung.
Die Studie sieht dabei einen Unterschied zwischen den west- und ostdeutschen Bundesländern. Sollte in Westdeutschland jedes Kind bis 2030 einen Ganztagsbetreuungsplatz von 40 Wochenstunden erhalten, müssen dafür laut Studie über eine Million Plätze zusätzlich zu den bestehenden geschaffen werden. Dafür seien etwa 76.000 zusätzliche Fachkräfte erforderlich. Derzeit liege in den westdeutschen Bundesländern die Teilhabequote im Schnitt nur bei 47 Prozent, so die Studie. Zudem besuchen hier 18 Prozent der Kinder im Grundschulalter ein Übermittagsangebot.
In Ostdeutschland nutzten aktuell hingegen durchschnittlich 83 Prozent der Grundschulkinder ein Ganztagsangebot sowie 3,5 Prozent ein Übermittagsangebot. Zwar stehe an ostdeutschen Schulen und Kitas theoretisch genügend Personal zur Verfügung, um bis 2030 für jedes Kind den Rechtsanspruch auf einen Platz in der Ganztagsbetreuung zu gewährleisten, ohne dass ein Personalmangel zu erwarten sei. Anders als im Westen liege jedoch mit einem Personalschlüssel von einer Fachkraft auf 14 Kinder die Belastung deutlich höher. Daher empfiehlt die Stiftung, im Osten rund 26.000 Fachkräfte zusätzlich einzustellen, um eine ausreichende Personaldecke zu schaffen.
"Die Umsetzung des Rechtsanspruchs lässt sich nur mit einem deutlich erhöhten Angebot an Fachkräften bewältigen. Daher müssen die Bundesländer gemeinsam mit allen Verantwortlichen schon jetzt differenzierte Maßnahmen ergreifen, um dem steigenden Personalmangel in Grundschulen und Horten vorzubeugen", erklärte die Expertin für frühkindliche Bildung der Stiftung, Anette Stein.
Auch wenn von günstigeren Szenarien ausgegangen werde - wenn etwa im Westen nicht alle, sondern nur derselbe Anteil von Kindern wie bereits im Osten ein Angebot der Ganztagsbetreuung nutzen würden - fehlten immer noch rund 55.000 Fachkräfte. Das sei rund anderthalbmal so viel wie die fast 37.000 Fachkräfte, die laut Prognose bis 2030 neu hinzukämen, betonte die Studie. (KNA)