Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will Kinder weitgehend vom Unterhalt ihrer pflegebedürftigen Eltern befreien. Einen entsprechenden Gesetzentwurf brachte das Kabinett am Mittwoch auf den Weg. Mit dem Gesetz würden die Angehörigen zumindest finanziell entlastet, so Heil vor Journalisten. Der Großteil der Angehörigen brauche künftig kein Geld mehr an den Staat zurückzuzahlen. Künftig müssten dann lediglich noch diejenigen, die über 100.000 Euro im Jahr verdienen, Geld zum Unterhalt des Pflegebedürftigen beisteuern. Seinen Angaben zufolge würden rund 275.000 Betroffene durch das Gesetz entlastet. Für die Kommunen entstünden zusätzliche Kosten von 300 Millionen Euro pro Jahr. Der Bundesrat muss dem Gesetz zustimmen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte, die "Pflege der Eltern darf nicht arm machen". Angehörige mit geringerem Einkommen seien künftig geschützt. "Gutverdiener wie ich sind in der Lage, auch finanziell zur Pflege in der Familie beizutragen." Union und SPD hatten im Koalitionsvertrag vereinbart, dass Kinder pflegebedürftiger Eltern künftig erst ab einem jährlichen Einkommen von 100.000 Euro für Pflegekosten aufkommen müssen, wenn die Eltern kein eigenes Vermögen haben. Kritik kam von den Kommunen. Zu befürchten seien Belastungen in Milliardenhöhe, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Heil dürfe nicht das Solidaritätsprinzip des Sozialhilferechts aushöhlen. Daran sollte nicht gerüttelt werden." Heil nannte es in diesem Zusammenhang "unverschämt", wenn der Verband von einer Entsolidarisierung spreche. Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz äußerte sich kritisch. Das Gesetz sei reine Symbolpolitik, so Vorstand Eugen Brysch. Auch mit dem Gesetz mache Pflege weiterhin arm. Es werde keinen Pflegebedürftigen weniger geben, der Sozialhilfe beantragen müsse. Damit werde nur ein geringer Teil der Angehörigen geschützt. Der Sozialverband VdK begrüßte das Gesetz. Es sei "ein wichtiger Schritt", sagte Präsidentin Verena Bentele der Funke Mediengruppe. Viele ältere Menschen schreckten derzeit davor zurück, Hilfe vom Sozialamt in Anspruch zu nehmen. Der Caritasverband erklärte, mit dem Gesetz werde Pflegebedürftigen die Angst genommen, eine Entscheidung für eine stationäre Pflege könne die finanzielle Situation der ganzen Familie nachhaltig belasten. Mit dem Gesetz könne auch "Vereinsamung in den eigenen vier Wänden und pflegerische Unterversorgung" vermieden werden. Der Familienbund der Katholiken betonte, die Regelung sei längst überfällig. Auch der Paritätische Gesamtverband, die Diakonie und der Bundesverband privater Anbieter (bpa) sprachen von "deutlichen Verbesserungen für Familien". Zugleich betonte der bpa, dass damit die Versorgungslücke absehbar größer werde. Für unterhaltspflichtige Angehörige, die erwachsene Kinder mit Behinderungen unterstützen, äußerte sich die Lebenshilfe. Es sei "nur richtig und gerecht", wenn sie stärker unterstützt würden. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)
Presseschau des Tages // 15.8.2019
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