Beim Impfschutz von Kindern und Jugendlichen bestehen in Deutschland nach einer Auswertung der Barmer-Krankenkasse weiterhin deutliche Lücken. Daran änderten auch steigende Impfquoten noch nichts, erklärte die Barmer am Donnerstag anlässlich der Veröffentlichung ihres Arzneimittelreports 2019 in Berlin. Mehr als jedes fünfte im Jahr 2015 geborene Kleinkind ist demnach in den ersten beiden Lebensjahren zum Beispiel nicht oder nur unvollständig gegen Masern geimpft worden. Auf Grundlage ihrer Versicherten-Daten rechnete die Krankenkasse hoch, dass damit bundesweit rund 166.000 Zweijährige ohne vollständigen Masernschutz gewesen seien. Jedes fünfte Mädchen in dem Alter sei zudem 2017 nur unzureichend gegen Röteln geimpft gewesen. Die Ständige Impfkommission empfiehlt zwei Impfungen gegen Masern, Mumps und Röteln in den ersten beiden Lebensjahren. 3,3 Prozent der 2015 geborenen Kinder erhielten laut Barmer in ihren ersten beiden Lebensjahren überhaupt keine der für insgesamt 13 Krankheiten empfohlenen Impfungen. Dem Report zufolge sind die Lücken auch bei Kindern im Einschulungsalter größer als angenommen. Unter den Barmer-Versicherten seien im Jahr 2017 bei keiner der 13 wichtigsten Infektionskrankheiten mindestens 90 Prozent der Altersgruppe geschützt gewesen. Für einen hinreichenden Schutz auch von Menschen, die nicht geimpft werden können, gilt eine Quote der Immunisierung in der Bevölkerung von 95 Prozent als notwendig. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts vom Mai lag die Quote der Schulanfänger, die beide Impfdosen gegen Masern bekommen hatten, zuletzt bei gut 93 Prozent. Aus Sicht der Barmer sind die Daten aus den sogenannten Schuleingangsuntersuchungen aber unrealistisch, da der Impfstatus von Kindern, deren Eltern keinen Impfpass vorlegten, unberücksichtigt bleibe. Dies führe zu höheren Quoten, weil ungeimpfte Kinder natürlich keinen solchen Pass hätten. Die Bundesregierung will den Schutz vor Infektionskrankheiten voranbringen. Mitte Juli hat das Kabinett einen Gesetzentwurf für eine Masern-Impfpflicht in Kitas, Schulen und der Kindertagespflege auf den Weg gebracht. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte zu dem Report: "Egal, wie man es rechnet, es bleibt dabei: Zu viele Kinder in Deutschland sind unnötig gefährdet, denn zu wenige Kinder sind gegen Masern geimpft." Kein Kind müsse heutzutage mehr an Masern leiden. Impfen müsse Alltag für alle werden. Dazu könnten die Krankenkassen beitragen, etwa durch Informationskampagnen und Kooperationen mit Schulen. Die Grünen-Gesundheitspolitikerin Kordula Schulz-Asche meinte hingegen: "Statt eines Spahn'schen Impfpflicht-Schnellschusses brauchen wir eine Impfstrategie, welche die Masern nicht isoliert betrachtet, sondern alle Impfquoten - dort wo nötig - erhöht." Der Vorstoß des Ministers zur Masern-Impfpflicht sei zu kurz gedacht. Nötig seien Aufklärungskampagnen und niedrigschwellige Impfangebote. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)
Presseschau des Tages // 12.8.2019
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