Sozialverbände fordern von der Bundesregierung Verbesserungen für Hartz-IV-Empfänger. "Hartz IV schützt nicht vor Armut, sondern manifestiert sie. Millionen Menschen sind von der gesellschaftlichen Wohlstandsentwicklung abgekoppelt, ausgegrenzt und werden immer weiter abgehängt", kritisierte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, am Dienstag in Berlin. Gerade in der aktuellen Krisensituation bedeute der Alltag mit Hartz IV existenzielle Not. Der Verband veröffentlichte dazu eine Expertise seiner Forschungsstelle. Danach fehlt es Hartz-IV-Empfängern insbesondere an Geld für eine ausgewogene Ernährung. Der viel zu niedrige Anteil für Lebensmittel im Regelsatz führe zu deutlich niedrigeren Standards bei der Ernährung, hieß es. Auch ein Mindestmaß an sozialer, politischer und kultureller Teilhabe sei nicht gewährleistet, so die Befunde. Unter den Familien sind es demnach vor allem die Alleinerziehenden-Haushalte, die in besonderem Maß mit Mangel und Entbehrungen konfrontiert sind - hier allerdings auch über die Gruppe der Hartz-IV-Beziehenden hinaus. Die Gefahr von Einsamkeit und sozialer Isolierung sei bei Singles am ausgeprägtesten. Als Soforthilfe fordert der Paritätische die Erhöhung der Regelsätze in Hartz IV und Altersgrundsicherung um 100 Euro pro Kopf und Monat sowie eine entsprechende Leistungsanpassung beim Bafög und im Asylbewerberleistungsgesetz. Zudem müsse es eine Einmalzahlung an alle Grundsicherungsbeziehenden von 200 Euro geben. Diakonie-Vorstandsmitglied Maria Loheide warnte davor, dass der Abstand der Hartz-IV-Regelsätze zur Armutsgrenze wachse. "Leistungsbeziehende werden immer ärmer." Zugleich nehme die Zahl der Menschen, die trotz eines eigenen Einkommens arm sind, zu. "Was für ein menschenwürdiges Leben nötig ist, findet sich im Regelsatz nicht wieder", kritisierte Loheide. Auch sie forderte mindestens 100 Euro mehr pro Monat als Soforthilfe für Menschen mit Grundsicherung. Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, sagte: "Nicht verhungern ist nicht genug!" Gerade wenn Kinder keine gesunde Ernährung bekämen, sei das verheerend für ihre Zukunft. Zugleich kritisierte die Verbandschefin, dass die Hartz-IV-Regelsätze für Erwachsene im kommenden Jahr um lediglich sieben Euro pro Monat steigen werden: "23 Cent mehr am Tag sind nicht genug, um eine gesunde Ernährung zu garantieren." (Familienbund der Katholiken/KNA)
Presseschau des Tages // 2.9.2020
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